Sonntag, 18. August 2013

Projekt Bye Bye - Woche 5 - Warum haben wir eigentlich so viel Kram? Besitz und was man damit anfängt. #2

Hier möchte ich nun den Gedankengang von gestern weiterführen. Er wird doch länger als ich zuerst geplant hatte. Deswegen auch die Aufteilung auf zwei Tage.

Es auch die Möglichkeit, dass man Sachen hat, egal ob geschenkt bekommen oder im Laufe der Jahre gesammelt, die man nicht mehr braucht – aber die zu schade zum Wegwerfen sind. Die fünfte Kuchenform, der 30. Teller, den Pullover, den man nicht mehr anziehen mag etc. Für den Müll sind solche Sachen, wenn sie ansonsten fehlerfrei und akzeptabel sind, eindeutig zu schade. Wenn man dann keine Ahnung hat, wo man solche Sachen hinbringen kann, dann bleiben sie erst einmal zuhause. In irgendeiner Ecke werden sie wohl schon einen Platz finden. Oder auf dem Dachboden oder im Keller oder in der Garage. Dabei kann man überflüssigen Dingen ganz leicht zu einem neuen Leben verhelfen. In vielen Städten gibt es Umsonstläden, Sozialkaufhäuser oder Second Hand Läden, wo man seinen Kram hinbringen kann. Oder, wenn man in einer Studentenstadt lebt, stellt man es in einer Kiste nach draußen, macht ein großes „zum Mitnehmen“ oder „zu Verschenken“-Schild ran und wartet ab. Meistens lösen sich die Dinge ohne große Mühe in die sprichwörtliche Luft auf. Wenn man diese Möglichkeiten nicht hat, dann bleibt z. B. Ebay-Kleinanzeigen, Amazon für Bücher oder man wartet den nächsten Flohmarkt ab und miete sich einen Stand. Das bringt dann auch noch etwas Kleingeld ein.

Allerdings muss man sich für all das aufraffen. Der Antrieb muss von innen kommen, aus einem heraus. Nur selten wird es einen äußeren Zwang geben sich der Sachen zu entledigen, z. B. wenn Nachwuchs ansteht und man den Platz benötigt. Bis dahin sehen viele oft nur wenig Grund darin sich der überflüssigen Dinge zu entledigen. Sie sind meistens außer Sichtweise, in einem Schrank oder im Keller, stören dort nicht und die eigene Einlagerung kostet nichts. Es gibt für diese Menschen also keinen Grund sich um eine Entsorgung, welcher Art auch immer, zu kümmern. Aus den Augen – aus dem Sinn. Und außerdem: besser man hat als man hätte. So kommt natürlich eine ganze Menge zusammen, von der man irgendetwas bestimmt vielleicht noch irgendwann einmal gebrauchen kann. Bestimmt. Und bevor man entrümpelt muss man mit sich selbst ja auch erstmal überhaupt klären, was dieses „Zeug“ überhaupt ist, welches man zu entsorgen vorhat. Und wenn man anfängt sich unwohl zu fühlen, dann kauft man eben noch ein Regal oder zieht irgendwo ein Brett als zweite, abgehängt Decke ein und hat wieder etwas mehr Stauraum gezaubert. Wir brauchen aber nicht mehr Platz oder immer neue Möbel oder gar neue Sachen um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, stattdessen brauchen wir, meine ich, weniger Zeug. Wenn man nicht benötigte Dinge weggibt, geben wir dem Ding die Chance von jemand anderem gefunden zu werden, der vielleicht gerade das schon eine Weile sucht und genau das benötigt.

Nun sind vielleicht ein paar Sachen aussortiert und trotzdem herrscht in der Wohnung hier und dort Chaos. Trotzdem fühlt man sich stellenweise wie auf einem Schlachtfeld. Für mich persönlich ist wichtig, dass jedes Ding seinen Platz hat. Es muss da nicht wie festgetackert und im rechten Winkel ausgerichtet liegen, aber z. B. liegt das Telefon im Regal (wenn es nicht gerade geladen wird), der Schlüssel steckt in der Tür und die Fernbedingung der Anlage liegt davor.

Friedrich Nietzsche sagte mal: „Wer wenig besitzt, wird umso weniger besessen: Gelobt sei die kleine Armut!“ Wer viel besitzt, wird von seinem Heim besessen, wer wenig besitzt, besitzt somit sein Heim. Die kleine Armut ist sozusagen eine Armut an „Besitzdingen“. Gegenteilig wäre die große Armut dann ein zu viel an materiellem Besitz. Eine Sammlung von Dingen, an die sich dann geklammert wird, weil vielleicht irgendetwas kompensiert werden muss. Wobei Menschen, die mehr als 100 Dinge haben, nicht zwangsläufig irgendetwas kompensieren müssen. Ihr Leben könnte nur auf Grund der Abhängigkeit von Dingen vielleicht komplizierter sein. Inwieweit sich das auf die Lebensfreude auswirkt mag jeder für sich selbst beantworten. So habe ich benötigte Sachen mit einem Griff bereit und über die Zuweisung weiß ich immer (naja, fast immer) wo sie liegen und ich lege sie schon irgendwie automatisch jeden Abend dorthin zurück. Ich finde, aufräumen ist etwas, was manche Menschen erst lernen bzw. begreifen müssen. Diese Menschen sind nicht schlampig oder dreckig, ihnen fehlt nur eine gewisse Grundordnung bzw. –struktur auf der sie aufbauen können. Wenn sie diese Struktur für sich begriffen und erschaffen haben können sie darauf ihre gesamte Wohnung aufbauen.  

Viel Platz und Stauraum, z. B. ein neues Regal, lädt zum Vollpacken ein. Stattdessen kann man sich Stück für Stück die einzelnen Schubladen oder Schrankfächer vornehmen und anschauen was sich dort alles eingefunden hat. Am Anfang mag das ein seltsames Gefühl sein und vielleicht ist man auch nervös oder unsicher, wenn ein Ding dazu auserkoren wird die gemeinsamen vier Wände zu verlassen. Besonders bei Büchern ist das oft ein schwerer Akt. Aber mit der Zeit wird das Kribbeln nachlassen und die Trennung von Überflüssigem wird leichter fallen. Für Menschen mit vielen und breitgestreuten Interessen ist das gar nicht so einfach. Da kann man so vieles für irgendwie alles gebrauchen. Aber gerade hier ist Disziplin wichtig. Was auch bedeutet, wie schon oben beschrieben, dass ein Großteil der Dinge einen festen Platz haben sollte und sie nach Gebrauch automatisch wieder dorthin gelegt werden sollten. Schubladen und Schränke brauchen keine zweite und dritte Belagerungsreihe. Die erste reicht oft vollkommen aus.

Um nach der Entsorgung eines Dings nicht gleich wieder den freien Platz mit neuen Dingen zu belegen ist es wichtig, neue Sachen bewusst zu kaufen. Spontankäufe sind selten gut, besser ist es, sich vorher wenigstens durch den Kopf gehen zu lassen ob man so etwas oder so etwas Ähnliches schon hat und wozu man den neuen Gegenstand eigentlich genau braucht oder gebrauchen will. Oft hilft auch eine Wunschliste zu schreiben und diese nach einiger Zeit wieder hervorzuholen. Oftmals lösen sich scheinbar dringende Wünsche einfach so in Luft auf. Auch bewährt hat sich das Tauschprinzip. Für jede neu gekaufte Sache wird eine alte Sache entsorgt. Alt gegen Neu ist gerade am Anfang eine gute Hilfe. Kaufen sollte kein Akt der Belohnung sein und erst recht nicht sich zum Rausch ausbreiten, Kaufen sollte die Beschaffung neuer und vor allem benötigter Dinge sein. Anstatt sein Geld in Spontankäufen versiegen zu lassen, kann man sich eine Spardose ohne Bodenöffnung kaufen (ich bevorzuge da immer die Spardosen aus Blech, die nur oben eine Öffnung haben und nur mit dem Dosenöffner zu öffnen sind) und abends etwas Kleingeld aus dem Portemonnaie dort hineinwerfen.  Nach und nach wird dann eine feine Summe zusammenwachsen, die man z. B. für den nächsten Computer, Urlaub … ausgeben kann.

Nach dem Krieg oder auch noch in der DDR war es wichtig Sachen zu sammeln und aufzuheben, denn es gab so viele Mangelwaren und man wusste nie, wann es das benötigte Ding wieder gab. Wenn man etwas hatte war man reich. Man konnte aushelfen und tauschen und konnte in anderen Situationen vielleicht gerade das eintauschen, auf das man schon lange gewartet hatte. Etwas haben bedeutete Besitz zu haben und Besitztum war Reichtum. Man war unabhängig von anderen und von irgendwelchen Engpässen. Auch erschuf Besitz einen gewissen Status. Man gehörte dazu, man war wer. Aber wir leben heute weder in einer Mangelwirtschaft noch gibt es Bananen nur einmal im Jahr. Wir müssen nicht, wie unsere Großeltern, alles sammeln und horten. Lange Rede, kurzer Sinn: wenn ich ein Bild aufhängen will, dann genügt mir das Loch in der Wand, dann brauche ich nicht die Bohrmaschine im Schrank für die restlichen 355 Tage des Jahres. 

schönen Gruß =)

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