Samstag, 17. August 2013

Projekt Bye Bye - Woche 5 - Warum haben wir eigentlich so viel Kram? Besitz und was man damit anfängt. #1


Warum haben wir eigentlich so viel Kram? Warum sammelt sich im Laufe der Zeit so viel Zeug an? Und die vielleicht entscheidenste Frage: Warum entsorgen wir nichts? Sicherlich wird der eine oder andere hier direkt gleich einmal die Faulheit als Übeltäter präsentieren oder schlicht seine Bequemlichkeit. Wir sind alle gerne mal bequem und faul, der Anstrengung aus dem Weg gehen und fünfe mal gerade sein lassen. Aber ist das nicht eher eine Art Alibigrund, ich meine, kann ein Mensch wirklich so faul sein, dass er es nicht mal mehr schafft Schränke und Schubladen auszumisten?

Es geht ja nicht primär darum mit so wenig Besitz wie möglich zu leben. Sicherlich wollen nur die wenigsten einen Minimalistenrekord aufstellen. Obwohl der Minimalismus offenbar immer mehr zum Trend wird. Angefangen von armen Studenten in Großstädten, weiterverbreitet über die Medien wie z. B. das Fernsehen bis hin in die PR- und Marketingabteilungen. Mehr Platz wird zum Trend. Etwas seltsam finde ich persönlich dabei die Werbung mancher Firmen für den Minimalismus, da sie doch davon leben, dass wir ihre Produkte kaufen und das bitte auch ziemlich zahlreich und häufig.   

Im Laufe des Projektes habe ich mich natürlich mit dem Minimalismus etwas näher auseinandergesetzt und gelernt, dass es dabei nicht um den hauptsächlichen Verzicht von Besitz geht, sondern eigentlich um Prinzipien wie Konzentration, Bewusstwerdung und Ordnung. Und während das alles ineinander übergeht kann man dabei sein Leben nach und nach entrümpeln und dadurch sich (wieder) auf das eher Wesentliche konzentrieren. Klingt eigentlich ganz vernünftig und erstrebenswert, denn, mal Hand aufs Herz, wie viel von dem über die Jahre angesammelten Zeug braucht man eigentlich wirklich? Wenn man sich auf das konzentrieren kann, was wirklich wichtig ist, dann folgt daraus doch auch in der Konsequenz mehr Platz, Zeit und Lust und das wird zu mehr Lebensfreude in all ihren Facetten. Es wird weniger Energie für Unwichtiges verbraucht, man muss nicht mehr ewig lange suchen („Es muss doch hier sein …“) und man kann sich wieder auf das konzentrieren was man gerade macht. Ich bin zwar ein Mensch, der gerne mehrere Sachen gleichzeitig macht und dabei noch weitere schonmal begutachtet, aber wenn man sich ganz nur einer Sache widmet, ohne von anderen Sachen abgelenkt zu werden, dann ist das ein noch ganz anderes Gefühl.

Um eine Grundlage zu erschaffen ist es wichtig sich drei kleine Fragen zu den Sachen zu stellen, die so in der Wohnung herumliegen:

Wann habe ich das zum letzten Mal benutzt?
Habe ich es in den letzten Wochen überhaupt vermisst?
Benötige ich das Ding überhaupt noch? Und wenn ja: für was?

Ich habe mal ein wenig nachgedacht und es scheint mir offensichtlich, dass das Anhäufen von Besitztümern das Ergebnis eines Zusammenspiels mehrerer Faktoren ist. Zum einen die bereits erwähnte Faulheit oder Bequemlichkeit. Wer kennt es nicht dieses: „Morgen fange ich damit an. Aber heute ist noch das und das und das angesagt!“? Dazu kommen dann ein paar Erinnerungen. Vielleicht erinnert man sich daran, wo, wann, wie man einen Gegenstand gekauft oder geschenkt bekommen hat. Oder was man schon alles mit ihm erlebt hat. Man hängt sozusagen an diesem Ding. Das ist dann genauso wie mit Büchern. Ich glaube, gerade hier fühlen sich viele am unwohlsten, wenn sie Bücher wegwerfen oder weggeben. Und sei es in die Bibliothek. Mir wurde auch gesagt, Bücher wegwerfen ist wie Bücher verbrennen. Natürlich sind wir bei diesem Thema vorbelastet, es lässt sich nicht leugnen. Aber bedeutet das nun, dass ich alle greifbaren Bücher sammeln und horten muss, nur weil im letzten Jahrhundert so etwas geschah? Wenn man diesen Gedanken weiterverfolgt, dann heißt das am Ende doch, dass ich irgendwann in eine Lagerhalle ziehen muss, weil keine bezahlbare Wohnung mehr groß genug ist. Und dann folgt auch ganz schnell der verlorene Überblick. Wenn man dann nicht Buch führt oder ein Ordnungssystem hat, bei dem man sofort weiß was man hat und was nicht, steigt die Gefahr etwas doppelt zu kaufen. Ist mir vor ein paar Wochen auch wieder passiert, als ich in der Bibliothek mir was im Buchverkauf ausgesucht habe. Daheim bemerkt ich dann: Ups, da steht schon so ein Buch mit demselben Titel im Regal. Ich glaube, das wäre mir nicht passiert, wenn ich nur 100 Bücher im Regal stehen hätte. Bei Büchern ist ein weiterer Punkt die Sache mit der Belletristik. Ich persönlich lese einen Roman selten zwei Mal, höchstens im Abstand von 10 Jahren oder um etwas nachzuschlagen. Ich kaufe mir also ein Buch, lese es, stelle es ins Regal und schaue es mir dort an. Für mich ist an dieser Stelle mein Kindle wichtig geworden. Es nimmt weniger Platz weg, ich kann die Bücher als Datei auf dem Rechner oder einem USB-Stick lagern und der verbrauchte Platz ist stark minimiert. Eine weitere Möglichkeit ist auch die schon erwähnte Bibliothek. Da spare ich sogar noch Geld, auch, wenn ich manchmal ein Buch erst vorbestellen muss. Oder zu den Zweigstellen fahren muss, weil der Austausch untereinander in unserer Bibliothek nicht funktioniert. Wenn die Stadtbibliothek ein Buch nicht hat, dann finde ich es meistens in unser gut bestückten Universitätsbibliothek, in der sich auch jeder Einwohner einfach registrieren lassen kann.

Manchmal sieht man aber auch etwas und denkt sich „Wow, so was cooles. Die Idee ist toll, die Umsetzung noch viel besser.“ Und Schwupps – ist es gekauft. Nur um hinterher festzustellen, dass das Produkt doch nicht so toll ist und auch nicht den Erwartungen entspricht. Dann hat man es aber schon gekauft, zum Wegwerfen ist es vielleicht zu schade. Was macht man nun damit? Erstmal daheim in eine Ecke oder Schublade legen und mit der Zeit vergessen. Aber genau dort nimmt das Ding, das wir eigentlich nicht haben wollen, weil wir nicht wissen, was wir damit machen soll und es nicht so funktioniert wie wir erhofften, Platz weg. Und wenn sich dann noch ein paar Dinge sammeln, die genauso sind, dann ist schon eine Schublade nur mit Produkten belegt, die wir in guter Hoffnung gekauft haben, die sich als Schund herausstellten und die wir uns nicht getrauen zu entsorgen. Es könnte ja noch mal gebraucht werden. Vielleicht. Irgendwann. Hoffentlich. Oder auch nicht. Was hindert uns eigentlich daran, die gesamte Schublade herauszuziehen, über eine Mülltüte zu halten, umzudrehen und dann bye bye? Der Gedanke, dass wir dafür einmal Geld ausgegeben haben und das aufkeimende Gefühl, dass das Wegwerfen dieses Produktes genauso wäre, als würden wir Geld wegwerfen? Das Geld haben wir leider schon beim Kauf weggeworfen. Das ist schon längst weg. Wir haben es umgewandelt in ein Produkt, das wir gar nicht brauchen und das nur unnötigen Platz wegnimmt. Auch wenn es schade ist, aber ich finde, man sollte sich von solchen Dingen trennen. Das Ergebnis ist mehr Platz, sowie ein hoffentlich besseres Gespür für was man in Zukunft sein Geld ausgibt.

Neben selbstgekauften Dingen gibt es immer wieder die Welt der Geschenke. Ob es nun Großmütter sind oder besorgte Eltern (hier haben besonders Mütter dieses Gen), gerade wenn man sich wohnlich verändert scheinen bei ihnen die Angst aufzukommen, es könnte irgendetwas fehlen. Man könnte handtuch- oder bettzeuglos enden und dann verwirrt nicht weiterwissen. Und zur Vorsorge wird man eben mit all diesen Dingen nach und nach durch Geschenke eingedeckt. Dabei sind die schenkenden Menschen sowie das jeweilige Geschenk beliebig auswechselbar. Vor Jahren habe ich mal aus der Verwandtschaft ein rotes Glasherz mit ungewöhnlich stark duftendem Shampoo zum Geburtstag bekommen. In dem Shampoo, mitten im Herz, war noch irgendeine Plasteblume eingelassen. Ich habe keine Ahnung wo die Flasche am Ende verblieben ist, ich erinnere mich nur noch an den entgeisterten Augenblick, als ich mein Geschenk bekam. Es ist ein Geschenk, andere Menschen haben ihre Zeit und Geld für einen investiert. Sie freuen sich vielleicht sogar darüber mir eine Freude zu machen, aber was, wenn das ganze total verfehlt ist? Wie reagiert man richtig, wenn man etwas geschenkt oder aufgeschwatzt bekommt, dass man weder braucht noch will? Der Anstand sagt eigentlich, dass man das Geschenk erstmals annimmt,  aber was, wenn ich mich damit nur belastet fühle? Kann man ein Geschenk ablehnen ohne den Schenkenden vor den Kopf zu stoßen und zu verletzen? Oder hat man eher sozusagen die Pflicht, es erst einmal freudestrahlend anzunehmen und es dann später, wenn der Besuch gegangen ist, in die hinterste Schrankecke zu stecken? Aber damit würde man sich ja auch so nach und nach Schränke und Schubladen zupacken. Meist noch, wenn man das jeweils geschenkte Ding immer wieder rausholen will/muss, wenn der Schenkende zu Besuch kommt. Damit Oma die Vase auf dem Fensterbrett sieht. Oder gar das Geschirr in Gebrauch. Man hat das, was man eigentlich gar nicht mag und will, dann in seiner Wohnung und muss es beherbergen. Oder darf man dem Schenkenden einfach so frei raus sagen, dass man sein Geschenk nicht mag und nicht will?

- die Forsetzung folgt im morgigen Blogpost -

Nach diesem langen Text folgt nun noch kurz mein Bild für die fünfte Woche des Projektes „Bye Bye“. Die abgebildeten Dinge sind alle bei meinen Eltern gelandet, die Lippenpflegestifte bei meiner Schwester. Als Musikerin hat sich dafür bestimmt mehr Verwendung als ich.




schönen Gruß =)

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