Warum haben wir eigentlich so viel Kram? Warum sammelt sich im Laufe der Zeit so viel Zeug an? Und die vielleicht entscheidenste Frage: Warum entsorgen wir nichts? Sicherlich wird der eine oder andere hier direkt gleich einmal die Faulheit als Übeltäter präsentieren oder schlicht seine Bequemlichkeit. Wir sind alle gerne mal bequem und faul, der Anstrengung aus dem Weg gehen und fünfe mal gerade sein lassen. Aber ist das nicht eher eine Art Alibigrund, ich meine, kann ein Mensch wirklich so faul sein, dass er es nicht mal mehr schafft Schränke und Schubladen auszumisten?
Es geht ja nicht primär darum mit so wenig Besitz
wie möglich zu leben. Sicherlich wollen nur die wenigsten einen Minimalistenrekord aufstellen. Obwohl der Minimalismus offenbar immer mehr zum Trend wird.
Angefangen von armen Studenten in Großstädten, weiterverbreitet über die Medien
wie z. B. das Fernsehen bis hin in die PR- und Marketingabteilungen. Mehr Platz
wird zum Trend. Etwas seltsam finde ich persönlich dabei die Werbung mancher
Firmen für den Minimalismus, da sie doch davon leben, dass wir ihre Produkte
kaufen und das bitte auch ziemlich zahlreich und häufig.
Im Laufe des Projektes habe ich mich natürlich mit dem Minimalismus
etwas näher auseinandergesetzt und gelernt, dass es dabei nicht um den
hauptsächlichen Verzicht von Besitz geht, sondern eigentlich um Prinzipien wie
Konzentration, Bewusstwerdung und Ordnung. Und während das alles ineinander
übergeht kann man dabei sein Leben nach und nach entrümpeln und dadurch sich
(wieder) auf das eher Wesentliche konzentrieren. Klingt eigentlich ganz
vernünftig und erstrebenswert, denn, mal Hand aufs Herz, wie viel von dem über
die Jahre angesammelten Zeug braucht man eigentlich wirklich? Wenn man sich auf
das konzentrieren kann, was wirklich wichtig ist, dann folgt daraus doch auch
in der Konsequenz mehr Platz, Zeit und Lust und das wird zu mehr Lebensfreude in all ihren
Facetten. Es wird weniger Energie für Unwichtiges verbraucht, man muss nicht
mehr ewig lange suchen („Es muss doch hier sein …“) und man kann sich wieder
auf das konzentrieren was man gerade macht. Ich bin zwar ein Mensch, der gerne
mehrere Sachen gleichzeitig macht und dabei noch weitere schonmal begutachtet, aber
wenn man sich ganz nur einer Sache widmet, ohne von anderen Sachen abgelenkt zu
werden, dann ist das ein noch ganz anderes Gefühl.
Um eine Grundlage zu erschaffen ist es wichtig sich drei
kleine Fragen zu den Sachen zu stellen, die so in der Wohnung herumliegen:
Wann habe ich das zum letzten Mal benutzt?
Habe ich es in den letzten Wochen überhaupt vermisst?
Benötige ich das Ding überhaupt noch? Und wenn ja: für was?
Ich habe mal ein wenig nachgedacht und es scheint mir
offensichtlich, dass das Anhäufen von Besitztümern das Ergebnis eines Zusammenspiels mehrerer Faktoren ist. Zum einen
die bereits erwähnte Faulheit oder Bequemlichkeit. Wer kennt es nicht dieses: „Morgen
fange ich damit an. Aber heute ist noch das und das und das angesagt!“? Dazu
kommen dann ein paar Erinnerungen. Vielleicht erinnert man sich daran, wo,
wann, wie man einen Gegenstand gekauft oder geschenkt bekommen hat. Oder was
man schon alles mit ihm erlebt hat. Man hängt sozusagen an diesem Ding. Das ist
dann genauso wie mit Büchern. Ich glaube, gerade hier fühlen sich viele am unwohlsten,
wenn sie Bücher wegwerfen oder weggeben. Und sei es in die Bibliothek. Mir
wurde auch gesagt, Bücher wegwerfen ist wie Bücher verbrennen. Natürlich sind
wir bei diesem Thema vorbelastet, es lässt sich nicht leugnen. Aber bedeutet
das nun, dass ich alle greifbaren Bücher sammeln und horten muss, nur weil im
letzten Jahrhundert so etwas geschah? Wenn man diesen Gedanken weiterverfolgt,
dann heißt das am Ende doch, dass ich irgendwann in eine Lagerhalle ziehen
muss, weil keine bezahlbare Wohnung mehr groß genug ist. Und dann folgt auch
ganz schnell der verlorene Überblick. Wenn man dann nicht Buch führt oder ein
Ordnungssystem hat, bei dem man sofort weiß was man hat und was nicht, steigt
die Gefahr etwas doppelt zu kaufen. Ist mir vor ein paar Wochen auch wieder
passiert, als ich in der Bibliothek mir was im Buchverkauf ausgesucht habe.
Daheim bemerkt ich dann: Ups, da steht schon so ein Buch mit demselben Titel im
Regal. Ich glaube, das wäre mir nicht passiert, wenn ich nur 100 Bücher im Regal
stehen hätte. Bei Büchern ist ein weiterer Punkt die Sache mit der Belletristik. Ich persönlich lese einen
Roman selten zwei Mal, höchstens im Abstand von 10 Jahren oder um etwas
nachzuschlagen. Ich kaufe mir also ein Buch, lese es, stelle es ins Regal und
schaue es mir dort an. Für mich ist an dieser Stelle mein Kindle wichtig
geworden. Es nimmt weniger Platz weg, ich kann die Bücher als Datei auf dem
Rechner oder einem USB-Stick lagern und der verbrauchte Platz ist stark minimiert.
Eine weitere Möglichkeit ist auch die schon erwähnte Bibliothek. Da spare ich
sogar noch Geld, auch, wenn ich manchmal ein Buch erst vorbestellen muss. Oder
zu den Zweigstellen fahren muss, weil der Austausch untereinander in unserer Bibliothek
nicht funktioniert. Wenn die Stadtbibliothek ein Buch nicht hat, dann finde ich
es meistens in unser gut bestückten Universitätsbibliothek, in der sich auch
jeder Einwohner einfach registrieren lassen kann.
Manchmal sieht man aber auch etwas und denkt sich „Wow, so
was cooles. Die Idee ist toll, die Umsetzung noch viel besser.“ Und Schwupps –
ist es gekauft. Nur um hinterher festzustellen, dass das Produkt doch nicht so
toll ist und auch nicht den Erwartungen entspricht. Dann hat man es aber schon
gekauft, zum Wegwerfen ist es vielleicht zu schade. Was macht man nun damit? Erstmal
daheim in eine Ecke oder Schublade legen und mit der Zeit vergessen. Aber genau
dort nimmt das Ding, das wir eigentlich nicht haben wollen, weil wir nicht
wissen, was wir damit machen soll und es nicht so funktioniert wie wir
erhofften, Platz weg. Und wenn sich dann noch ein paar Dinge sammeln, die genauso
sind, dann ist schon eine Schublade nur mit Produkten belegt, die wir in guter
Hoffnung gekauft haben, die sich als Schund herausstellten und die wir uns
nicht getrauen zu entsorgen. Es könnte ja noch mal gebraucht werden.
Vielleicht. Irgendwann. Hoffentlich. Oder auch nicht. Was hindert uns
eigentlich daran, die gesamte Schublade herauszuziehen, über eine Mülltüte zu
halten, umzudrehen und dann bye bye? Der Gedanke, dass wir dafür einmal Geld
ausgegeben haben und das aufkeimende Gefühl, dass das Wegwerfen dieses
Produktes genauso wäre, als würden wir Geld wegwerfen? Das Geld haben wir leider
schon beim Kauf weggeworfen. Das ist schon längst weg. Wir haben es umgewandelt
in ein Produkt, das wir gar nicht brauchen und das nur unnötigen Platz
wegnimmt. Auch wenn es schade ist, aber ich finde, man sollte sich von solchen
Dingen trennen. Das Ergebnis ist mehr Platz, sowie ein hoffentlich besseres
Gespür für was man in Zukunft sein Geld ausgibt.
Neben selbstgekauften Dingen gibt es immer wieder die Welt
der Geschenke. Ob es nun Großmütter sind oder besorgte Eltern (hier haben
besonders Mütter dieses Gen), gerade wenn man sich wohnlich verändert scheinen
bei ihnen die Angst aufzukommen, es könnte irgendetwas fehlen. Man könnte
handtuch- oder bettzeuglos enden und dann verwirrt nicht weiterwissen. Und zur
Vorsorge wird man eben mit all diesen Dingen nach und nach durch Geschenke
eingedeckt. Dabei sind die schenkenden Menschen sowie das jeweilige Geschenk
beliebig auswechselbar. Vor Jahren habe ich mal aus der Verwandtschaft ein
rotes Glasherz mit ungewöhnlich stark duftendem Shampoo zum Geburtstag
bekommen. In dem Shampoo, mitten im Herz, war noch irgendeine Plasteblume
eingelassen. Ich habe keine Ahnung wo die Flasche am Ende verblieben ist, ich
erinnere mich nur noch an den entgeisterten Augenblick, als ich mein Geschenk
bekam. Es ist ein Geschenk, andere Menschen haben ihre Zeit und Geld für einen investiert. Sie
freuen sich vielleicht sogar darüber mir eine Freude zu machen, aber was, wenn
das ganze total verfehlt ist? Wie reagiert man richtig, wenn man etwas
geschenkt oder aufgeschwatzt bekommt, dass man weder braucht noch will? Der
Anstand sagt eigentlich, dass man das Geschenk erstmals annimmt, aber was, wenn ich mich damit nur belastet
fühle? Kann man ein Geschenk ablehnen ohne den Schenkenden vor den Kopf zu
stoßen und zu verletzen? Oder hat man eher sozusagen die Pflicht, es erst
einmal freudestrahlend anzunehmen und es dann später, wenn der Besuch gegangen
ist, in die hinterste Schrankecke zu stecken? Aber damit würde man sich ja auch
so nach und nach Schränke und Schubladen zupacken. Meist noch, wenn man das
jeweils geschenkte Ding immer wieder rausholen will/muss, wenn der Schenkende
zu Besuch kommt. Damit Oma die Vase auf dem Fensterbrett sieht. Oder gar das
Geschirr in Gebrauch. Man hat das, was man eigentlich gar nicht mag und will,
dann in seiner Wohnung und muss es beherbergen. Oder darf man dem Schenkenden
einfach so frei raus sagen, dass man sein Geschenk nicht mag und nicht will?
schönen Gruß =)
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